Liebe Tannaer und Frankendorfer,
im November erhielten alle Fernwärmekunden einen Kundenbrief von unserem Geschäftsführer Dr. Aribert Ondrusch zur Situation der Fernwärmeversorgung Tanna GmbH. Diesen werde ich im Anschluss an diesen kurzen Beitrag allen zur Kenntnis geben, damit Sie sich ein objektives Bild machen können.
Seit der Gründung 1993 steckt unser städtisches Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten.
Trotz hohem persönlichen Einsatz und größter Anstrengungen von Manfred Steingräber, Dr. Aribert Ondrusch, Andreas Lanitz, Frau Dr. Kerstin Kieb, Matthias Rößler und mir konnte es uns nicht gelingen das Unternehmen in sicheres Fahrwasser zu bringen. Aus diesem Grund waren wir in den vergangenen Jahren auf der Suche nach einem finanzkräftigen Mitgesellschafter. Nachdem zunächst die Stadtwerke Jena-Pößneck eine intensive Prüfung aller bilanziellen und technischen Gegebenheiten vorgenommen hatten, bekamen wir die Absage, da es sich nicht betriebswirtschaftlich sinnvoll darstellen ließ, in die Fernwärmeversorgung Tanna GmbH zu investieren. Im nächsten Schritt fragten wir bei der TEAG Thüringer Energie AG an. Nach intensiver Prüfung kamen die TEAG-Leute zu dem gleichen Ergebnis.
Daraufhin versuchte ich einen Gasanschluss an die Fernwärme zu bringen. Dies war gedacht als Option für Tanna, für den Fall, dass das Fernwärmenetz so kaputt ist, dass es sich nicht mehr finanziell verantworten lässt, es weiterhin zu reparieren. Man hätte dann vom Bahnhof aus Tanna mit Erdgas erschließen können. Diese Variante schied aber aus technischen und Kostengründen ebenfalls aus. Als letzten Ausweg aus dieser Situation fragte ich bei der TEAG an, ob nicht eine komplette Erdgaserschließung für Tanna und Frankendorf in Frage kommen könnte, da die Gasleitung ja schon in Mielesdorf liegt.
Hierfür machte die TEAG eine Grobberechnung und kam auf 307 Anschlüsse, damit sich dieses Projekt betriebswirtschaftlich sinnvoll darstellen lässt.
Darüber informierte ich Sie in meinem Jahresrückblick im Tannaer Anzeiger und zuletzt am 7. Februar dieses Jahres zu einer Einwohnerversammlung in der vollbesetzten Turnhalle. Aus meiner Sicht wurde hier für jeden Anwesenden nochmals die Situation sehr deutlich dargestellt. An diesem Abend begann der Zeitraum für die Interessenbekundung für einen Erdgasanschluss.
Zahlreiche Bekundungen sind seitdem eingegangen. Allerdings wurde die Mindestanzahl noch nicht erreicht, da offensichtlich einige Hauseigentümer noch zögern oder unsicher sind.
Ich kann Sie nur ermutigen Ihre Interessenbekundungen nun loszuschicken.
Hierbei handelt es sich noch nicht um einen verbindlichen Vertrag, sondern nur um eine Erklärung, dass Sie Interesse an einem Gasanschluss haben.
Sollten Sie sich mit mir zu diesem Thema unterhalten wollen, bin ich gern bereit mit Ihnen in Dialog zu treten bzw. einen kompetenten Mitarbeiter bei der TEN Thüringer Energie Netzgesellschaft an Sie zu vermitteln.
Der Anschlusspreis für ein Einfamilienhaus von 999,- € ist unschlagbar und auch die Kosten für Brennwerttherme, Abluftführung, Zubehör und Installation liegt zwischen 6.000,- und 8.000,- € und damit in einer vertretbaren Größenordnung für eine Heizungsanlage. Jeder der sich schon einmal eine Heizung hat kaufen müssen, weiß, dass die Kosten schnell bei der doppelten Höhe liegen, egal ob Öl oder Holzheizung. Die Heizkosten mit Gas sind mindestens um ein Drittel niedriger als mit Fernwärme.
Leider ist dieses Verständnis bei einigen Fernwärmekunden nicht vorhanden.
Der Anschluss kostete in der Vergangenheit ca. 1.500,-€ – 3.000,-€ je nach Länge der Stichleitung und seit ein paar Jahren 3.500,-€ bei aktuellen Kosten von durchschnittlich ca. 8.000 € pro Hausanschluss. Die Differenz muss die Fernwärme über einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren verdienen. Das bedeutet, dass der Fernwärme liquide Mittel fehlen weshalb sie auch nicht in der Lage ist, alle Verbindlichkeiten immer sofort zu bedienen oder auf unvorhergesehene Dinge zu reagieren. Eine finanzielle Rücklage ist ebenso nicht vorhanden.
Allein die Leitungsschäden, im Winter 2017/2018 verursachten Reparaturkosten von 90.000 € netto. Im Übrigen waren diese auf dem kompletten Netz verteilt, nicht wie falsch in der Zeitung durch die Interessengemeinschaft Fernwärme dargestellt, nur im Bereich der Bahnhofstraße.
Zudem kann ich mich über diese Presseverlautbarung um Frau Thiele wirklich nur wundern. Es gibt ja einige Personen dieser Interessengemeinschaft die ich wirklich schätze. Ich kann aber die meisten Ausführungen in diesem Artikel nicht verstehen. Alle Jahresabschlüsse mit ausführlichem Lagebericht sind öffentlich zugänglich, denn sie werden im Bundesanzeiger bekannt gemacht und sind auch im Internet verfügbar. Die Jahresabschlüsse werden auch durch unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaften geprüft und unser Geschäftsführer steht für Fragen genauso zur Verfügung. Wenn hier also berichtet wird, dass die IG einen Wirtschaftsprüfer durchleuchten lassen will, wie der Zustand des Fernwärmenetzes ist, dann hat die IG eine seltsame Vorstellung welche Aufgaben und Fähigkeiten ein Wirtschaftsprüfer hat. Wir hätten selbst auch gern gewusst wie der Zustand des Leitungsnetzes ist, dies kann uns aber niemand sagen. Lediglich die Leitungsschäden, die auch in ihren verschiedenen Varianten auftraten, bringen große Unsicherheit.
Zum amerikanischen U-Boot, welches im Blindflug durch die Ostsee rauscht und dabei die russische Erdgasleitung beschädigt, fällt mir dann auch wirklich nichts mehr ein.
Ich bin immer dafür, dass sich mit Sachargumenten ausgetauscht wird und finde es auch gut, wenn jmd. für etwas kämpft. Allerdings sollte man in der Lage sein Dinge realistisch einzuschätzen.
Das Leitungsnetz liegt seit 25 Jahren in der Erde. Die durchschnittliche Lebenserwartung eines solchen Netzes liegt bei 40 – 50 Jahren. Ein Leckortungssystem wurde bei der Verlegung zwischen 1992 und 94, obwohl Drähte in der Rohrisolierung verbaut sind, nicht installiert. Das Netz hat ca. 40 % Leitungsverlust, Grund dafür ist die Länge von 11 Km und die Tatsache, dass auch die Warmwasseraufbereitung für das Brauchwasser bei Ihnen zuhause darüber erfolgt. Im Sommer werden so 12 MW aus dem BHKW ins Netz geschoben und lediglich 1 MW verkauft.
Aktuell hat die Fernwärmeversorgung Tanna GmbH noch rund 1 Mio. € Verbindlichkeiten und keiner spricht von den ca. 3,5 Mio €, die die Stadt seit Beginn ins Unternehmen investiert hat, die auch bis heute nicht im Ansatz den Weg in die Stadtkasse zurückgefunden haben. Die Aussage, dass die Kredite also weitestgehend zurückgezahlt sind, ist schlichtweg falsch.
Richtig ist, dass die Stadt Tanna aktuell 5,2 Mio.€ Kreditverbindlichkeiten hat und davon sind rund 3,5 Mio.€ Gesellschaftereinlage, die in der Fernwärme stecken.
Ich selbst bin im Gespräch mit der Thega und auch unserem Ministerpräsidenten zu diesem Thema. Aber auch in der Thega kann niemand zaubern und Rahmenbedingungen, die nun mal gesetzt sind, wegdiskutieren.
Dass die Idee hinter der Fernwärme Tanna und die Wärmeerzeugung umweltpolitisch und ökologisch sinnvoll sind und für die Güterverwaltung Rothenacker der Betrieb des BHKW´s ein wirtschaftlicher Erfolg ist, ist unbestritten. Allerdings funktioniert die Fernwärmeversorgung Tanna GmbH nur auf Kosten aller Bürgerinnen und Bürger unserer Einheitsgemeinde.
Die Zeit kann ich leider nicht zurückdrehen. Ich sehe es aber als meine Pflicht an, weiteren Schaden von der Stadt Tanna abzuwenden. Aus meiner Sicht lässt sich dies nur durch den Bau der Erdgasleitung dauerhaft sicherstellen.
Ich kann Sie deshalb nur nochmals bitten, Ihre Interessenbekundung abzusenden oder im Rathaus abzugeben, so Sie es noch nicht getan haben. Ich denke, dass diese Chance auf einen Erdgasausbau kein zweites Mal besteht.
Seien Sie herzlich gegrüßt von Ihrem Bürgermeister
Marco Seidel